Ein Moment, der alles verändert: Wenn fehlende Dokumentation zum Risiko wird

27.11.2025 | Technische Dokumentation

Es passiert an einem ganz normalen Vormittag im Lager‑ und Umschlagbereich eines Logistikzentrums. Ein Lkw-Fahrer scannt Pakete in einem Ladebereich, während ein Mitarbeiter eines anderen Unternehmens mit dem Gabelstapler Paletten einlagert.

Beide sind konzentriert bei der Arbeit, aber niemand hat den gesamten Bereich im Blick. In einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit setzt der Gabelstaplerfahrer zurück, sieht den Kollegen nicht rechtzeitig und fährt ihn an.

Der Lkw-Fahrer erleidet schwere Verletzungen am Bein und fällt für Monate aus. Was als Routine begann, wird zum Fall für Gerichte, Versicherungen und Aufsichtsbehörden.

Für das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 13 U 195/21) war entscheidend: Beide Tätigkeiten trugen unmittelbar zum Umschlag der Ware bei, griffen funktional ineinander und schufen damit eine sogenannte „gemeinsame Betriebsstätte“ – eine Konstellation, in der ein Haftungsausschluss zwischen den beteiligten Arbeitgebern greifen kann (§ 106 SGB VII).

Doch damit begann die eigentliche Aufarbeitung erst. Denn nun musste im Detail belegt werden:

➡️ Gab es eine Gefährdungsbeurteilung für den gemeinsam genutzten Arbeitsbereich?

➡️ Wurden Verkehrswege und Arbeitszonen klar abgegrenzt?

➡️ Wie war die Koordination zwischen den beteiligten Arbeitgebern dokumentiert?

➡️ Welche Unterweisungen wurden für die dort tätigen Beschäftigten nachweislich durchgeführt?

➡️ Wer hatte wann welche Aufgabe?

Die zentrale Frage war nicht mehr nur, was passiert ist, sondern: Wer hätte was wissen, planen oder verhindern müssen – und steht das irgendwo schriftlich?

Die zentrale Schwachstelle: Eine schriftlich dokumentierte Gefährdungsbeurteilung der gemeinsam genutzten Fläche existierte nicht. Zudem fehlten:

➡️ eine klare, nachvollziehbare Regelung der Verkehrswege im Betrieb

➡️ dokumentierte Unterweisungen für das zeitgleiche Arbeiten mehrerer Firmen

➡️ ein nachweisbarer Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Arbeitgebern, obwohl diese regelmäßig im selben Bereich arbeiteten

Was in der Praxis funktionierte, war auf dem Papier nicht abgesichert. Und genau das wurde im Verfahren zum Problem.

Wie lange dauerte die Aufarbeitung?

Der Unfall selbst geschah bereits im Jahr 2018. Die endgültige Entscheidung des Oberlandesgerichts fiel erst Ende 2022 – über vier Jahre nach dem Vorfall.

Zwischenzeitlich involviert waren:

➡️ die Berufsgenossenschaft (Unfallmeldung, Ermittlungen)

➡️ die Gewerbeaufsicht (Sicherheitsbeurteilung)

➡️ rechtliche Vertreter beider Unternehmen

➡️ mehrere gerichtliche Instanzen

Was dieses Beispiel eindrücklich zeigt:

Eine einzige Lücke – in diesem Fall die fehlende gemeinsame Gefährdungsbeurteilung – reichte aus, um ein Unternehmen über Jahre hinweg rechtlich zu binden und wirtschaftlich zu belasten. Fehlende oder lückenhafte Dokumentation ist kein Bagatellproblem. Sie kann zu Bußgeldern führen und entscheidet im Ernstfall darüber, ob ein Unternehmen haftet.

Die Erkenntnis aus diesem Fall, worauf es bei Technischer Dokumentation in solchen Konstellationen ankommt:

➡️ Klare Darstellung von Schnittstellen und Verantwortlichkeiten

➡️ Dokumentation von Arbeitsabläufen und Gefährdungsbeurteilungen

➡️ Nachvollziehbare Protokollierung von Wer macht was, wann und wie

Technische Dokumentation ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern das Fundament für Sicherheit, Verantwortung und rechtliche Absicherung. Gerade dort, wo mehrere Unternehmen, Prozesse und Tätigkeiten aufeinandertreffen, muss sie klar regeln, wer wofür zuständig ist und das nachvollziehbar belegen. Andernfalls kann aus einem kleinen Versäumnis schnell ein haftungsrelevanter Vorfall werden.

Für Unternehmen heißt das: Technische Dokumentation darf nicht auf später verschoben werden. Sie gehört frühzeitig in die Projektplanung – strukturiert, belastbar und so aufgebaut, dass auch komplexe Situationen wie gemeinsame Betriebsstätten sicher und normgerecht abgebildet werden. Genau dafür steht midok®.

 

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